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In den Vereinigten Staaten wurde 1863 offiziell die Sklaverei abgeschafft. Seit dieser Zeit kämpft die schwarze Bevölkerung dieses Landes darum, die ihnen zustehenden Rechte zu erhalten. Auch hundert Jahre später hat sich in noch nicht viel geändert.
Martin Luther King wurde 1929 in Atlanta geboren. Er studierte Theologie, wurde Pastor, heiratete 1953 und erhielt vier Kinder.
1955 begann sein Weg als Bürgerrechtler. Es beginnt ein langer Kampf für die Rechte der Schwarzen. King wurde verprügelt, 20 mal verhaftet, sein Haus in die Luft gesprengt und er überlebte drei Attentate.
Er organisierte den friedlichen Widerstand der Schwarzen gegen die weiße Unterdrückung.
1964 erhielt er den Friedensnobelpreis. Am 4. April 1968 um 18.01 Uhr wurde Martin Luther King erschossen. Er wollte gerade zu einem Protestmarsch aufbrechen.

Lektüreempfehlung:
Das Leben M. L. Kings als Comic!
Ho Che Anderson: Martin Luther King, Carlsen Verlag, 250 Seiten, ca. 30 EUR

 

Anlässlich des Marsches nach Washington hielt King am 28. August 1963 eine Rede, in der er über seinen Traum vom friedlichen und gleichen Zusammenleben von Schwarz und Weiß erzählt, seinen Traum von der Zukunft.

 

MARTIN LUTHER KING

DER TRAUM VON DER GLEICHBERECHTIGUNG

1963

Ich freue mich, heute mit euch zusammen an einem Ereignis teilnehmen zu können, das als die größte Demonstration für die Freiheit in die Geschichte unserer Nation eingehen wird. Vor hundert Jahren unterzeichnete ein großer Amerikaner, in dessen Schatten wir heute symbolisch stehen, die Proklamation zur Sklavenbefreiung (Emancipation Proclamation; 22. 9. 1862). Dieser bedeutsame Erlass war ein großes Leuchtfeuer der Hoffnung für Millionen von Negersklaven, die von den Flammen vernichtender Ungerechtigkeit gebrandmarkt wurden. Er kam wie ein freudiger Tagesanbruch nach der langen Nacht ihrer Gefangenschaft. Aber hundert Jahre später ist der Neger immer noch nicht frei. Hundert Jahre später ist das Leben des Negers immer noch geknebelt durch die Fesseln der Rassentrennung und die Ketten der Diskriminierung. Hundert Jahre später lebt der Neger auf einer einsamen Insel der Armut inmitten eines riesigen Ozeans materiellen Reichtums. Hundert Jahre später schmachtet der Neger immer noch am Rande der amerikanischen Gesellschaft und befindet sich im Exil im eigenen Land. Deshalb sind wir heute hierher gekommen, um eine schändliche Situation zu dramatisieren.

In gewissem Sinne sind wir in die Hauptstadt unseres Landes gekommen, um einen Scheck einzulösen. Als die Architekten unserer Republik die großartigen Worte der Verfassung und der Unabhängigkeitserklärung schrieben, unterzeichneten sie einen Schuldschein, zu dessen Einlösung alle Amerikaner berechtigt sein sollten. Dieser Schein enthielt die Versicherung, dass allen Menschen - ja, schwarzen Menschen ebenso wie weißen - die unveräußerlichen Rechte auf Leben, Freiheit und auf den Anspruch auf Glück garantiert würden. Heute ist es offenbar, dass Amerika seinen Verbindlichkeiten nicht nachgekommen ist, soweit es die schwarzen Bürger betrifft. Statt seine heiligen Verpflichtungen zu erfüllen, hat Amerika den Negern nur einen Scheck gegeben, der mit dem Vermerk zurückgekommen ist: »Keine Deckung vorhanden«.

Aber wir weigern uns zu glauben, dass die Bank der Gerechtigkeit bankrott ist. Wir weigern uns zu glauben, dass es nicht genügend Gelder in den großen Stahlkammern der Gelegenheiten in diesem Land gibt.

So sind wir gekommen, um diesen Scheck einzulösen, einen Scheck, der uns auf Verlangen die Reichtümer der Freiheit und die Sicherheit der Gerechtigkeit geben wird.

Wir sind auch zu dieser würdigen Stätte gekommen, um Amerika an die grimmige Notwendigkeit des Jetzt zu erinnern. Jetzt ist nicht die Zeit, in der man sich den Luxus einer »Abkühlungsperiode« leisten oder die Beruhigungsmittel langsamen, schrittweisen Fortschritts einnehmen kann. Jetzt ist es Zeit, die Versprechungen der Demokratie Wirklichkeit werden zu lassen. Jetzt ist es Zeit, aus dem dunklen und trostlosen Tal der Rassentrennung aufzubrechen und den hellen Weg der Gerechtigkeit für alle Rassen zu beschreiten. Jetzt ist es Zeit, unsere Nation aus dem Flugsand rassischer Ungerechtigkeit zu dem festen Felsen der Brüderlichkeit emporzuheben. Jetzt ist es Zeit, Gerechtigkeit für alle Kinder Gottes Wirklichkeit werden zu lassen. Es wäre verhängnisvoll für diese Nation, wenn sie nicht die Dringlichkeit der gegenwärtigen Lage wahrnehmen würde. Dieser heiße Sommer der berechtigten Unzufriedenheit des Negers wird nicht zu Ende gehen, solange nicht ein belebender Herbst der Freiheit und Gerechtigkeit begonnen hat. 1963 ist kein Ende, sondern ein Anfang. Wer hofft, dass der Neger jetzt zufrieden sein wird, nachdem er Dampf abgelassen hat, wird ein böses Erwachen haben, wenn die Nation wieder weitermacht wie zuvor.

Es wird weder Ruhe noch Rast in Amerika geben, bis dem Neger die vollen Bürgerrechte zugebilligt werden. Die Stürme des Aufruhrs werden weiterhin die Grundfesten unserer Nation erschüttern, bis der helle Tag der Gerechtigkeit anbricht. Und das muss ich meinem Volk sagen, das an der ausgetretenen Schwelle der Tür steht, die in den Palast der Gerechtigkeit führt: während wir versuchen, unseren rechtmäßigen Platz zu gewinnen, dürfen wir uns keiner unrechten Handlung schuldig machen. Lasst uns nicht aus dem Kelch der Bitterkeit und des Hasses trinken, um unseren Durst nach Freiheit zu stillen.

Wir. müssen unseren Kampf stets auf der hohen Ebene der Würde und Disziplin führen. Wir dürfen unseren schöpferischen Protest nicht zu physischer Gewalt herabsinken lassen. Immer wieder müssen wir uns zu jener majestätischen Höhe erheben, auf der wir physischer Gewalt mit der Kraft der Seele entgegentreten. Der wunderbare, neue kämpferische Geist, der die Gemeinschaft der Neger erfasst hat, darf uns nicht verleiten, allen Weißen zu misstrauen. Denn viele unserer weißen Brüder - das beweist ihre Anwesenheit heute - sind zu der Einsicht gekommen, dass ihre Zukunft mit der unseren untrennbar verbunden ist. Sie sind zu der Einsicht gekommen, dass ihre Freiheit mit unserer Freiheit untrennbar verbunden ist. Wir können nicht allein marschieren. Und wenn wir marschieren, müssen wir uns verpflichten, stets weiter zu marschieren. Wir können nicht umkehren.

Es gibt Leute, die fragen diejenigen, die sich der Sache der Bürgerrechte verpflichtet fühlen: »Wann werdet ihr endlich zufrieden sein?« Wir können niemals zufrieden gestellt sein, solange der Neger das Opfer der unaussprechlichen Schrecken polizeilicher Brutalität ist. Wir können nicht zufrieden gestellt sein, solange unsere müden Leiber nach langer Reise in den Motels an den Landstraßen und den Hotels der großen Städte keine Unterkunft bekommen. Wir können nicht zufrieden gestellt sein, solange die Bewegungsfreiheit der Neger in erster Linie darin besteht, von einem kleinen Getto in ein größeres zu geraten. Wir können nicht zufrieden gestellt sein, solange unsere Kinder noch ihrer Freiheit und Würde beraubt werden durch Schilder, auf denen es heißt: »Nur für Weiße«. Wir können nicht zufrieden gestellt sein, solange der Neger in Mississippi nicht das Stimmrecht hat und der Neger in New York niemanden, den er wirklich wählen möchte. Nein, wir sind nicht zufrieden gestellt, und wir werden nicht zufrieden gestellt sein, bis das Recht strömt wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein mächtiger Strom.

Ich weiß wohl, dass manche unter euch aus großer Bedrängnis und Trübsal hierher gekommen sind. Einige von euch sind direkt aus engen Gefängniszellen gekommen. Einige von euch sind aus Gegenden gekommen, wo ihr aufgrund eures Verlangens nach Freiheit von den Stürmen der Verfolgung und polizeilicher Brutalität mitgenommen und erschüttert wurdet.

Ihr seid die Veteranen schöpferischen Leidens. Macht weiter und vertraut darauf, dass unverdientes Leiden erlösende Qualität hat. Geht zurück nach Mississippi, geht zurück nach Georgia, geht zurück nach Louisiana, geht zurück in die Slums und Gettos der Großstädte im Norden mit dem Wissen, dass die jetzige Situation geändert werden kann und wird. Lasst uns nicht Gefallen finden am Tal der Verzweiflung.

Heute sage ich euch, meine Freunde, trotz der Schwierigkeiten von heute und morgen habe ich einen Traum. Es ist ein Traum, der tief verwurzelt ist im amerikanischen Traum. Ich habe einen Traum, dass eines Tages diese Nation sich erheben wird und der wahren Bedeutung ihres Credos gemäß leben wird: Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: dass alle Menschen gleich erschaffen sind. Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne ehemaliger Sklaven und die Söhne ehemaliger Sklavenhalter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können. Ich habe einen Traum, dass sich eines Tages selbst der Staat Mississippi, ein Staat, der in der Glut der Ungerechtigkeit und Unterdrückung verschmachtet, in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit verwandeln wird.

Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt, Ich habe einen Traum... Ich habe einen Traum, dass eines Tages in Alabama, mit seinen bösartigen Rassisten, mit einem Gouverneur, von dessen Lippen Worte wie »Intervention« und «Annullierung der Rassenintegration« triefen ...‚ dass eines Tages genau dort in Alabama kleine schwarze Jungen und Mädchen die Hände schütteln als Brüder und Schwestern mit kleinen weißen Jungen und Mädchen.

Ich habe heute einen Traum..., dass eines Tages jedes Tal erhöht und jeder Hügel und Berg erniedrigt wird. Die rauen Orte werden geglättet und die unebenen Orte begradigt werden

Und die Herrlichkeit des Herrn wird offenbar werden, und alles Fleisch wird es sehen. Das ist unsere Hoffnung. Mit diesem Glauben kehre ich in den Süden zurück. Mit diesem Glauben werde ich fähig sein, aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung zu schlagen. Mit diesem Glauben werden wir fähig sein, die schrillen Missklänge in unserer Nation in eine wunderbare Symphonie der Brüderlichkeit zu verwandeln. Mit diesem Glauben werden wir fähig sein, zusammen zu arbeiten, zusammen zu beten, zusammen zu kämpfen, zusammen ins Gefängnis zu gehen, zusammen für die Freiheit aufzustehen, in dem Wissen, dass wir eines Tages frei sein werden.

Das wird der Tag sein, an dem alle Kinder Gottes diesem Lied eine neue Bedeutung geben können: Mein Land, von dir, du Land der Freiheit, singe ich. Land, wo meine Väter starben, Stolz der Pilger, von allen Bergen lasst die Freiheit erschallen. Soll Amerika eine große Nation werden, dann muss dies wahr werden. So lasst die Freiheit erschallen von den gewaltigen Gipfeln New Hampshires. Lasst die Freiheit erschallen von den mächtigen Bergen New Yorks, lasst die Freiheit erschallen von den hohen Alleghenies in Pennsylvania. Lasst die Freiheit erschallen von den schneebedeckten Rocky Mountains in Colorado. Lasst die Freiheit erschallen von den geschwungenen Hängen Kaliforniens.

Aber nicht nur das, lasst die Freiheit erschallen vom Stone Mountain in Georgia. Lasst die Freiheit erschallen vom Lookout Mountain in Tennessee. Lasst die Freiheit erschallen von jedem Hügel und Maulwurfshügel Mississippis, von jeder Erhebung. Lasst die Freiheit erschallen!

Wenn wir die Freiheit erschallen lassen - wenn wir sie erschallen lassen von jeder Stadt und jedem Weiler, von jedem Staat und jeder Großstadt, dann werden wir den Tag schneller herbeiführen, an dem alle Kinder Gottes - schwarze und weiße Menschen, Juden und Heiden, Protestanten und Katholiken - sich die Hände reichen und die Worte des alten Negro Spiritual singen können: Endlich frei! Endlich frei! Großer allmächtiger Gott, wir sind endlich frei!