Magic Point
Magic Point - Treffpunkt Deutschunterricht

Die diskrete

Herrschaft der

Autorin: Sy Montgomery

Düfte

Wissenschaftler enträtseln Geheimnisse des Geruchssinns. Unsere Riechfähigkeit ist nicht nur besser als vermutet. Es gibt in unserer Nase sogar ein weiteres - bisher unentdecktes - Organ, das hauchfeine chemische Signale empfängt.

Im Labor an der Universität von Utah ging es nie besonders lustig zu. „Wir pflegten einen eher trockenen Arbeitsstil“, berichtet der damalige Anatomieprofessor David Berliner. Strenge Damen und Herren in weißen Kitteln beugten sich mit ernster Miene über Reagenzgläser und Mikroskope. Kaum einer lachte. Mittags eilten sie nach einem schnellen Imbiss zurück zur Arbeit.

Das blieb so bis zu dem Tag, als Berliner ein paar Fläschchen öffnete. Sie enthielten einen Extrakt aus menschlicher Haut. Plötzlich war alles wie verwandelt:

Die Leute begannen zu plaudern. Sie machten es sich beim Mittagessen gemütlich. Einer schlug vor, dass alle endlich Bridge lernen sollten. "Die Persönlichkeiten waren wie ausgewechselt“, sagt Berliner. "Es war äußerst merkwürdig.“

Eine Woche später war die Arbeit an den Hautextrakten beendet und die Fläschchen wieder zugestöpselt. Das Stimmungsbarometer im Labor sank zurück auf Normalmaß.

Das ist 35 Jahre her. „Ich habe damals nicht kapiert, was ich in der Hand hatte“, sagt Berliner. Aber heute, nachdem er mit seinen Kenntnissen zwei Firmen gegründet hat, weiß er es. Berliner ist davon überzeugt, dass er in jener Woche Zeuge davon wurde, wie Pheromone wirken. Diese chemischen Stoffe, die wir nicht als Geruch wahrnehmen, können die Stimmung von Menschen vehement verändern. Und zwar ohne dass es dem Betroffenen bewusst wird.

Heute gehört Berliner zu einer Handvoll unorthodoxer Forscher, die behaupten, dass sie ein neues Sinnesorgan entdeckt haben, das Vomeronasalorgan (VNO). Obwohl Biologen die grubenförmigen Öffnungen des Organs bei Kriechtieren, Lurchen und Säugern schon seit 150 Jahren kennen, weiß man erst seit 1978, wozu es dient. Bis vor fünf Jahren stritten die meisten Anatomen ab, dass auch der Mensch so etwas besitzt. Inzwischen präsentierten amerikanische Wissenschaftler elektronenmikroskopische Aufnahmen des menschlichen VNO. Andere Forscher entdeckten die winzige Einbuchtung auf beiden Seiten der Nasenscheidewand bei 900 von 1.000 Testpersonen.

Experten streiten darüber, ob es nur ein verkümmertes Überbleibsel ist, wie etwa der Wurmfortsatz des Blinddarms, oder ob wir damit ebenfalls Pheromone wahrnehmen können und auf sie reagieren. Und wenn ja, auf welche Weise.

Sollten die Befürworter von Berliners These recht haben, könnten unsere Nasen wichtige Erkenntnisse über die Entwicklungsgeschichte des Menschen, seine Sexualität und sein Sozialverhalten liefern. Darüber hinaus würden revolutionäre Wege eröffnet, um Medikamente direkt ins Gefühlszentrum des Gehirns zu schleusen. "Es ist ein echtes Sinnessystem“, erklärt Dr. Luis Monti-Bloch von der Universität von Utah, „so bedeutend wie die anderen fünf.“ Wie kann ein so wichtiger Sinn so lange unentdeckt bleiben? Schließlich hätten wir mit der Nase drauf kommen können. Vielleicht, weil die meisten Menschen sich der Macht ihres Riechsinns gar nicht bewusst sind. Obwohl schätzungsweise jeder vierzigste an Geruchsstörungen leidet (hauptsächlich Geruchsverlust, aber auch merkwürdige Erkrankungen wie Phantomgerüche und verwirrte Wahrnehmungen, als ob Limonade nach Iltis riecht), gibt es keine Lobby für „nasal Behinderte“. Jahrelang hatte die Wissenschaft einen blinden Fleck in Sachen Geruch und Geruchssinn. Geht es um die Begabungen von Auge und Ohr, geraten die Menschen ins Staunen. Die Sensibilität der Nase erkennen sie bei Bluthunden und Trüffelschweinen, aber nicht bei sich selbst. „Es ist ein ungeheuer starkes und primitives System“, sagt Robert Francoeur, Sexualforscher, Embryologe und Koautor von „The Scent of Eros: Mysteries of Odor in Human Sexuality“ (Der Geruch des Eros: Geheimnisse des Geruchs in der menschlichen Sexualität). „Es gibt viele psychologische, soziale und religiöse Vorurteile, die die Macht dieses Systems leugnen.“

Tatsächlich scheint kein anderer Sinn Menschen so zu erregen und so starke Gefühle auszulösen. „Gerüche“, schrieb Rudyard Kipling, „gehen tiefer ins Herz als Töne oder Bilder.“ Das erklärt, warum Frauen im 16. Jahrhundert geschälte „Liebesäpfel“ unter ihren Achseln rieben um sie ihren Kavalieren zu schenken. Napoleon bat Josephine in einem berühmten Brief, in seiner Abwesenheit nicht zu baden, damit er beim Wiedersehen in ihrem Körperduft schwelgen könne. Aber vielleicht schwelgte er - ohne es zu wissen - auch in ihren Pheromonen.

Jenseits der Debatte um den Beweis für menschliche Pheromone sind sich die Experten in einem einig: Die Kräfte der menschlichen Nase, die so lange im dunkeln lagen, erweisen sich als viel komplexer, subtiler und wichtiger, als frühere Forscher für möglich gehalten hatten.

Dr. Alan R. Hirsch ist Direktor der Neurologieabteilung des Forschungs- und Therapiezentrums für Geruch und Geschmack in Chicago. Er untersucht dort die Wirkung von Geruch auf die menschliche Psyche. Dabei hat er festgestellt, dass Probanden um 17 Prozent schneller Labyrinth-Rätsel lösen konnten, wenn sie dabei Blumenduft schnüffelten. Menschen, die eine Diät machen, verlieren schneller Gewicht, inhalieren sie angenehme Gerüche. Eine andere Studie kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass Käufer in einem parfümierten Raum mehr Schuhe kauften als in einem vergleichbaren Zimmer ohne Geruchsbeigabe. Ihre Kaufbereitschaft stieg um 84 Prozent. Sie akzeptierten für die gleichen Modelle sogar gerne einen Preis, der über 15 Mark höher lag als in der Auslage ohne Duftmanipulation. In einem Kasino in Las Vegas stellte man fest, dass Spieler in einem angenehm parfümierten Raum mehr Geld in die Automaten steckten (45 Prozent). Es konnte sogar auf 53 Prozent gesteigert werden, wenn die

Konzentration des Duftes verstärkt wurde. Für clevere Verkäufer, sagt Hirsch, „sind Gerüche das verkaufsfördernde Mittel der neunziger Jahre.“ Er vergleicht es mit der heimlichen Verführungskraft von Hintergrundmusik, mit der den Kunden bisher das Geld aus der Tasche geholt wurde.

Neueste Untersuchungen vom Columbia-College für Medizin und Chirurgie weisen darauf hin, dass ein ganzes Prozent unseren Gene dem Geruchssinn zugeordnet ist. Das ist die größte bisher entdeckte Gruppe von Säugetiergenen, die einem einzigen Zweck dienen. „Wir sind in einem goldenen Zeitalter der Entdeckungen“, sagt Dr. Richard L. Doty, Direktor des Geruchsund Geschmackszentrums der Medizinhochschule Pennsylvania.

Die Forschungsergebnisse von Richard Axel und seinen Kollegen an der Columbia Universität werden in den wissenschaftlichen Welt als Durchbruch begrüßt. Axels Team gelang der erste Schnitt, um zu entschlüsseln, wie das Gehirn Geruch wahrnimmt. Unser Geruchssinn erscheint, verglichen mit anderen Säugetieren, zwar schwach. Aber er ist erstaunlich scharf, wenn man ihn beispielsweise mit unserer Farbwahrnehmung vergleicht. Das menschliche Auge kann nur wenige hundert Farben erkennen. Wir können jedoch 10.000 verschiedene Gerüche registrieren. Wir erinnern uns mühelos an einen Geruch, sogar wenn wir ihm jahrelang nicht mehr begegnet sind. Wie schafft es das Gehirn, mit diesem gewaltigen Angebot an Düften fertig zu wenden?

In der Nase absorbieren Riechzellen von denen jede acht bis zehn Riechhärchen trägt, die ankommenden Duftmoleküle. In diesen Härchen stehen die Geruchsnervenzellen auf Empfang. Werden sie stimuliert, schicken sie ihre Botschaft zu den beiden traubengroßen Riechkolben an der Unterseite des Gehirns. Diese bearbeiten die Signale und geben sie an die Großhirnrinde und das limbische System weiter. Dort haben die Gefühle und das Gedächtnis ihren Sitz. Dies mag erklären. warum das Aroma eines in Tee getauchten Kekses in Mancel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ ein unermessliches Geflecht von Erinnerungen wachrief. In der Tat scheint sich das limbische System aus dem Geruchssystem entwickelt zu haben. „Hätten wir keinen Geruchssinn, hätten wir keine Gefühle“, behauptet die Psychologin Rachel Herz vom Monell Chemical Sense Center.

Um zu untersuchen, wie die Riechsignale organisiert sind, isolierte der Biochemiker Richard Axel die erstaunliche Menge von zirka 1.000 verschiedenen Genen, die einer gleich großen Anzahl von Geruchsrezeptoren zugeordnet sind. Axels Team klonierte die Gene von Mäusen und Hamstern und fand heraus, dass einzelne Riechhärchen nicht jeweils für einen bestimmten Genuch zuständig sind, sondern nur auf einen Teil seiner Molekülstruktur reagieren. Das Gehirn setzt dann den Gesamtgeruch zusammen. So können 1.000 Riechrezeptoren 10.000 Gerüche erkennen. Und da einzelne Nervenzellen auf nur eine Komponente reagieren, die viele Gerüche gemeinsam haben (und nicht etwa auf einen bestimmten Geruch), können sie einen Duft identifizieren, auch wenn er uns viele Jahre nicht mehr in die Nase gestiegen ist.

Doch neben diesem hochsensiblen Riechvermögen existiert noch die völlig eigenständige Sinneswelt des VNO. Nach Untersuchungen an Nagetieren sind Forscher in Richard Axels Labor davon überzeugt, dass diese zwei Nasensinne besitzen. Beide haben mit völlig unterschiedlichen Abteilungen des Gehirns zu tun. Normale Geruchsnervenzellen erkennen Düfte wie Zitrone oder Minze und schicken die entsprechenden Signale in das limbische System. Die Nerven des VNO dagegen registrieren geruchlose Pheromone und leiten sie durch den ältesten Teil des Gehirns, den Hypothalamus. Deshalb genügt eine winzige Prise Pheromone im Atem eines Ebers, um eine Sau sofort in Paarungsposition zu bringen: Pheromone provozieren Aktionen, die so automatisch ablaufen wie der Kniereflex oder das Augenzwinkern. Der Wille kommt gar nicht erst ins Spiel. Männlicher Urin einer bestimmten Wühlmausart enthält Pheromone, die Eierstöcke und Gebärmutter des Weibchens dramatisch anschwellen lassen. Mit Hilfe unterschiedlicher Pheromone geben Ameisen Alarm, kennzeichnen Wege und identifizieren Stammesgenossen (siehe Seite 60). Fische nutzen sie, um Hierarchien aufzubauen und Reviere abzugrenzen. Beeinflusst dieses uralte System auch unser menschliches Sozialverhalten und schaltet dabei Verstand und Willen aus?

Der Sexualforscher Professor Robert Franceur sagt entschieden „ja“. Er behauptet, dass unser VNO, dieses winzige Grübchen in der Nasenscheidewand, für verschiedenste menschliche Verhalten verantwortlich ist, vom Tanz bis zum Zungenkuss. Was leidenschaftlichen Liebhabern größtes Vergnügen bereitet, betrachtet Franceur mit wissenschaftlichem Blick: „Küssen ist eine großartige Methode, die Pheromone in unserem Speichel auszutauschen.“ Warum wirbelt die Flamencotänzerin unter dem erhobenen Arm ihres Partners? Franceur glaubt, dass sie dabei unbewusst die Pheromone aus seinem Achsel schweiß inhaliert.

Frauen reagieren sensibler auf Geruch als Männer, vielleicht sind sie auch empfangsbereiter für Pheromone. Dies könnte der Grund sein, warum viele Frauen auf dem Kopfkissen ihres abwesenden Mannes schlafen. Pheromone im Scheidensekret spielen vermutlich eine Rolle, wenn sich bei Frauen, die zusammenleben, der Monatszyklus synchronisiert. Es ist jedoch unter Wissenschaftlern immer  noch umstritten, ob das VNO beim Menschen wirklich existiert. Als David Berliner Mitte der achtziger Jahre seine Arbeit daran wieder aufnahm, galt die Lehrmeinung, dass das winzige Sinnesorgan nur bei Tieren aktiv ist. Nachdem er sich drei Jahrzehnte mit anderen Fragen befasst hatte, fand Berliner Zeit, um sich mal wieder um die Hautextrakte zu kümmern. „Aus den Anatomiebüchern hatten meine Studenten gelernt, dass das VNO im Menschen nur ein verkümmertes Überbleibsel war“, berichtet er. Auch Luis Monti-Bloch, der Berliner 1990 konsultierte, war skeptisch:

„Ich hatte immer wieder gelesen, dass das Organ beim Menschen zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft sei.“ Man glaubte, dass es zwar im Fötus existierte, aber im Laufe des Wachstums verschwand. Monti-Bloch begab sich auf die Suche. In allen Nasen, die er untersuchte, entdeckte er Anzeichen für Vomeronasalorgane. Aber hatten sie eine Funktion?

Um das herauszufinden, schlug Berliner seinem Kollegen Monti-Bloch vor, ein Gerät zu entwickeln, um Proben geruchloser Hautextrakte direkt in das VNO von Freiwilligen zu pusten. Ein hauchdünnes Silberdrähtchen würde messen, ob das Organ mit einem elektrischen Impuls reagiert. Zu seinem Erstaunen verursachten die winzigen Proben nicht nur klare elektrische Reaktionen, sondern taten dies ausschließlich im VNO und nicht in den Geruchsnerven. Unglaublich kleine Mengen - dreißig Pikogramm, das sind 30 millionstel Teile eines milliardstel Milligramms - reichten, um eine Reaktion hervorzurufen. Es wurde deutlich, dass das VNO etwa tausendmal empfindlicher ist als der normale Geruchssinn. Das war nicht die einzige Überraschung: Einige dieser Stoffe veränderten die Körperfunktionen der Probanden, etwa den Puls, die Pupillengröße oder die Hauttemperatur. Auch die Stimmung der Freiwilligen wechselte.

Auf der Basis seiner Forschung gründete Berliner die Erox Corporation, um ein Sortiment von „Pheromon-Parfüms“ herzustellen. Die riechbaren Düfte sind ganz konventionell. „Es sind die geruchlosen Komponenten - eine für Männer, eine für Frauen - die zählen“, sagt er und verspricht, dass sie ein Wohlgefühl beim anderen Geschlecht auslösen. Frauen, die mehr als das wollen, könnten es mit einer Mixtur aus Lavendel und Kürbistorte probieren. In einem Test schlug diese Kombination alle anderen. Sie steigerte die Blutzufuhr zum Penis um volle 40 Prozent. Parfüm erreichte nur drei bis vier Prozent. Platz zwei der Stimulanzhitparade belegte die Mischung aus Krapfen (norddeutsch: Berliner) und Lakritz.

Berliners Parfümherstellung war jedoch nur eine Nebentätigkeit. Heute, nach sechs Testjahren, behauptet er in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology, sichere Beweise für die Kraft und die Möglichkeiten des VNO gefunden zu haben. Berliner sieht in dem Organ einen idealen therapeutischen Zugang zum Hypothalamus.

In diesem kleinen Bezirk neben der Hirnanhangdrüse sitzen wichtige Funktionen. Der Hypothalamus steuert Hormone, Appetit, Angst, Aggression, Puls, Blutdruck und vieles mehr. „Durch eine Stimulation des VNO könnte man diese Funktionen beeinflussen“, sagt Monti-Bloch. Genau dies wollen er und Berliner erreichen. Zusätzlich zu den zirka dreißig Pheromonen, die Monti-Bloch aus den Hautextrakten isolierte, konstruierten die Chemiker in David Berliners Laboratorien Dutzende von künstlichen Pheromonen. „Blitzschnell und ohne Nebenwirkungen“, sagt Luis Monti-Bloch, „könnten synthetische Pheromone verabreicht werden, um so unterschiedliche Beschwerden wie Prämenstruelles Syndrom, Angstzustände, Prostatakrebs oder Bluthochdruck zu behandeln“.

Wie wichtig die Nase für die Gesundheit ist, wusste man schon in alter Zeit. Im Mittelalter glaubten die Menschen, von üblen Gerüchen würde man krank. Düfte waren die ersten Arzneien. Bis heute heißt die Krankheit, die weltweit die meisten Opfer fordert, Malaria — die Bezeichnung der Römer für schlechte Luft. Als im 14. Jahrhundert die Pest in Europa wütete, träufelten Dorfbewohner Duftwasser auf sich und ihre Häuser und verstreuten Blütenblätter, Kräuter und aromatische Hölzer, um die Krankheit fernzuhalten. Um den giftigen Pesthauch abzufiltern, trugen Ärzte Masken mit schnabelähnlichen Verlängerungen, die mit Kräutern und Blumen gefüllt waren. Diese „entengesichtigen“ Mediziner sind vielleicht der Ursprung des Wortes „Quacksalber“.In einer Hinsicht hatten die mittelalterlichen Menschen recht: Tierversuche beweisen, dass Viren und toxische Stoffe durchaus über die Geruchsnerven ins Hirn gelangen können. Obduktionen von Alzheimer Patienten lassen vermuten, dass die krankheitstypischen Ablagerungen im Gehirn besonders das limbische System angreifen. Das ist die Region, die direkt an die Riechkolben angekoppelt ist. Dr. Richard L. Doty von der Medizinhochschule Pennsylvania hebt hervor, dass der Verlust des Geruchssinns zu den ersten Anzeichen von Alzheimer und Parkinsonscher Krankheit gehört. Dieser Zusammenhang ist so deutlich, dass Doty sogar eine Messung der Riechfähigkeit als Früherkennungsmethode empfiehlt.

Einige Wissenschaftlerteams haben dafür jetzt eine Art „Sehtesttafel für die Nase“ entwickelt. „Der Verlust des Geruchssinns kann eine sehr ernste Angelegenheit sein“, betont Doty. Bei älteren Menschen kommt dies alarmierend häufig vor. Laut Alan R. Hirsch leidet mehr als die Hälfte der über Fünfundsechzigjährigen darunter. Anosmie (so der Fachbegriff) ist gefährlich. Die Opfer können weder austretendes Gas riechen noch verdorbenes Essen. Ein Viertel der Betroffenen verliert die Lust am Sex; 35 Prozent leiden unter Depressionen. „Das Vergnügen zu riechen gehört zu einem erfüllten Leben“, sagt Hirsch. Eine Welt ohne Gerüche wäre schrecklich steril und kalt.

(aus: change, Das Umweltmagazin von Hoechst 1996, S. 30 ff)

Übersicht: Das System des Riechens

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