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In dem folgenden Auszug aus dem Buch von Regula D. Naef: Rationeller Lernen lernen, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1983, finden Sie Tipps für angehende Studentinnen und Studenten, die das Studium erleichtern können. Auch wenn dieser Text schon recht alt erscheint, ist er immer noch sehr aktuell und hilfreich für Ihr Weiterkommen.

Die Motivation
von Regula D. Naef 1

   1 Begriff

Der Begriff der Motivation spielt in der Psychologie im allgemeinen und in der Lernpsychologie im besonderen eine große Rolle.

Unter Motivation versteht man den Grund für die Aktivität eines Lebewesens, die Antriebskräfte des menschlichen und tierischen Verhaltens.

Bei der Beobachtung der Tierwelt erkennen wir, dass die meisten Tätigkeiten der Befriedigung der Lebensbedürfnisse dienen. Es handelt sich um angeborene Verhaltensmuster, die Nahrungssuche, Feindvermeidung und Fortpflanzung steuern und das Überleben des einzelnen Tieres und der Art ermöglichen.

Regt sich beispielsweise der Hunger, begibt sich das Tier auf Futtersuche; seine Bemühungen werden um so größer, je mehr Zeit seit der letzten Nahrungsaufnahme verstrichen ist. Die Stärke des Hungers bestimmt die Intensität der Motivation.

   2 Lernmotivation

Wenden wir uns dem Menschen zu, stellen wir fest, dass auch er natürlich nach Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse strebt. Dies erklärt aber nur einen Teil seiner Aktivitäten. Die menschlichen Ziele sind zahlreicher und komplexer; zu den angeborenen Motiven kommen die erlernten.

Für unsere Lerntechnik interessiert uns in erster Linie, welche Motive den Menschen dazu treiben, neues Wissen aufzunehmen, sich in Schulen und Kursen weiterzubilden.

Ursprünglichster und echtester Grund dafür ist sicher die Neugier. Jeder Mensch hat das Bedürfnis, Unklarheiten zu beseitigen, Probleme zu lösen, Fragen zu beantworten. Wird ein Rätsel, eine Denksportaufgabe gestellt, beginnt jeder sofort zu überlegen; viele finden keine Ruhe, bis sie die Lösung gefunden haben.

Besonders ausgeprägt ist der Wissensdrang bei kleinen Kindern; sie wollen ihre Welt kennen lernen, ihre Tage sind gefüllt mit Forschungen, Entdeckungen und - oft zum Leidwesen der geplagten Mütter - mit endloser Fragerei.

Leider findet aber in der Schule oft ein Abstumpfungsprozess statt. Wir fühlen uns überfüttert, wir bekommen Wissen auf dem Teller präsentiert, nach dem wir überhaupt nicht gesucht haben. Stoffpläne und Reglemente bestimmen, mit welchen Inhalten wir uns auseinandersetzen müssen; für die individuellen Interessen bleibt wenig Raum. Auch wenn Fragen auftauchen, sich aus aktuellen Begebenheiten das Bedürfnis nach Informationen auf einem bestimmten Gebiet ergibt, besteht in der Schule oft wenig Gelegenheit, darauf einzugehen.

Auch interessierte Schüler werden zudem oft von der Übermacht der ,,Realitäten“ erdrückt. Wenn die Noten zu wichtig werden oder eine Nichtversetzung droht, wird mancher zum nüchternen Berechnen gezwungen, der sich sonst eingehend mit seinen Interessengebieten befassen würde.

Für die meisten Schüler wird so mit der Zeit das Lernen und Erfahren vom Bedürfnis zur unangenehmen Pflicht. Wenn sie trotzdem weiter zur Schule gehen, so deshalb, weil es noch andere Motive dafür gibt. Für viele ist die Schule einfach das kleinere Übel; die berufliche Weiterbildung oder ein Hochschulstudium werden oft aus Geltungsbedürfnis (Prestigeerwägungen) betrieben oder aber als Investition auf einen späteren höheren Verdienst. Manche Schüler lernen, um die Anerkennung ihrer Klassenkameraden zu gewinnen oder ihre Familie nicht zu enttäuschen. Andere fürchten die Ablehnung oder Strafe, die ihnen von den Eltern bei schlechten Noten drohen. Die Angst vor den Folgen eines Versagens kann auch später der Grund für den Lerneifer sein. Dass es sich aber hierbei um ein problematisches Motiv handelt, zeigen nicht nur die Fälle extremer Prüfungsangst, sondern auch Untersuchungen zur Leistungsfähigkeit unter verschiedenen Bedingungen: Die Angst vor dem Misserfolg wirkt sich negativ auf das Selbstvertrauen aus, lähmt die Denkfähigkeit und mindert damit die Erfolgswahrscheinlichkeit.

Natürlich sind im konkreten Fall meist verschiedene Motive wirksam; große Unterschiede können jedoch zwischen der Ausprägung der einzelnen Motive bei verschiedenen Personen bestehen.

Von allen erwähnten Motiven ist nur die Neugierde sachbezogen; in den andern Fällen ist das Lernen lediglich Mittel zum Zweck. Dies ist nicht gleichgültig. Wenn wir etwas erfahren wollen, fällt uns nicht nur das Lernen leichter und bleibt das Wissen besser in unserem Gedächtnis haften. Wir verspüren dabei auch eine Befriedigung. Das Bewusstsein, ein Problem gelöst, eine Antwort auf eine Frage gefunden zu haben, ,,belohnt“ uns für unsere Anstrengungen. Müssen wir uns aber, der Noten wegen oder um einen Abschluss zu erreichen, mit bestimmten Inhalten auseinandersetzen, empfinden wir dies als mühsam und quälend.

Die Probleme vieler Schüler und Studenten sind denn auch zuerst und vor allem Motivationsprobleme. Sie langweilen sich in der Schule, sie ziehen viele andere Aktivitäten dem Lernen und der Konzentration auf ihre Aufgaben vor. Die aufgetragenen Arbeiten werden als ichfremd empfunden und nur unter Druck durchgeführt.

Motivation und Studienverlauf sind eng miteinander verbunden. Untersuchungen zeigen, dass die Motivation in hohem Maße über Erfolg und Misserfolg der Ausbildung entscheidet. Dies gilt für Schüler während ihrer Schulzeit - in besonderem Maß aber natürlich für Studenten und Berufstätige, die sich auf freiwilliger Basis weiterbilden.

   3. Praktische Anwendung

Angesichts der zentralen Bedeutung der Motivation ist die Frage, ob wir selbst etwas zu ihrer Verbesserung tun können, natürlich von großem Interesse. Motive sind nicht leicht zu kontrollieren. Folgende Ratschläge können dabei helfen:

Wissen, warum wir lernen

Werden Sie sich mit Hilfe des nachfolgenden Fragebogens klar über ihre Motive. Eine Mittelschule oder Hochschule kann man aus ganz verschiedenen Motiven besuchen. Überlegen Sie sich, was Sie später tun wollen - Studenten mit einem klaren Berufsziel sind besser motiviert. Orientieren Sie sich genau über den angestrebten Beruf, über die Teilgebiete und Kenntnisse, die dazu gehören.

Auch die Schulen, Hochschulen und Weiterbildungsinstitutionen haben Ziele, die in der Regel schriftlich vorliegen. Prüfen Sie diese Ziele und überlegen Sie, welche Übereinstimmung zwischen Ihren eigenen und den Zielen Ihrer Ausbildungsstätte besteht.

Selbst klar umrissene Fernziele motivieren nicht ständig zur Erledigung der täglichen Arbeiten. Wichtig sind deshalb Zwischenziele. Einzelne Zwischenziele werden von der Schule oder der Universität vorgegeben (z. B. Bestehen von Prüfungen), und viele Schüler und Studenten lassen sich in ihrem Arbeitseifer weitgehend von diesen, von anderen bestimmten, Zielen leiten. Förderlicher auf die eigene Motivation wirken aber Ziele, die man sich selbst setzt, z. B. die Bewältigung einer Aufgabe bis zum Ende der folgenden Woche oder die Aufarbeitung der Vokabellücken bis zum Ende des Quartals. Soll es dabei nicht bei leeren Anläufen bleiben, müssen die Ziele mit Fristen versehen und deren Einhaltung kontrolliert werden.

Neben den globalen Richtlinien bestehen in den Schulen und Weiterbildungskursen auch Unterrichtsziele für die einzelnen Fächer und Lernziele für die Lektionen. Wenn Sie mit einem Stoff oder einem Unterrichtsmittel nicht zurechtkommen, fragen Sie Ihren Lehrer nach dem Lernziel und dem Stellenwert, den der betreffende Stoff dabei einnimmt. Der Einblick in die größeren Zusammenhänge erleichtert die Auseinandersetzung mit den Einzelfakten. Oft sind auch die Mittel (z.B. die Bücher), die zur Erreichung des Unterrichtszieles führen, austauschbar. Wenn Sie sich an der Diskussion, auf welche Weise das Lernziel erreicht werden kann, beteiligen, gewinnen Sie eine bessere Beziehung zum Lernstoff.

Oft sind es äußere Umstände und Gegebenheiten, die sich lähmend auf unsere Motivation auswirken. Statt sich immer aufs Neue darüber zu ärgern, überlegen Sie sich, wie Abhilfe geschaffen werden könnte (z.B. Ausstattung der Bibliothek, Schaffung von Studienzimmern).

Die Gesetze der Lernpsychologie berücksichtigen

Gelernt wird, wie die Lernpsychologie zeigt, was für den Lernenden zu einem ,,befriedigenden Ergebnis" führt. Befriedigend ist es beispielsweise, Antworten auf eigene Fragen gefunden, Unklarheiten beseitigt, einen neuen Einblick in ein unbekanntes Gebiet gewonnen zu haben. Wichtig ist deshalb das aktive Lesen und einsichtige Lernen.

Ein ,,befriedigendes Ergebnis“ ist auch die Feststellung, dass man weiterkommt. Wo ein Fortschritt messbar ist (beispielsweise die Lesegeschwindigkeit oder die richtig erinnerten Vokabeln) kann man seine täglichen oder wöchentlichen Leistungen in eine Graphik eintragen und sich vom Ansteigen der Kurve zum weiteren Training motivieren lassen.

Andere ,,Verstärker“ kann der Lernende selbst einplanen, indem er sich bei der Erledigung bestimmter Aufgaben etwas Angenehmes in Aussicht stellt (wenn ich den Bericht bis zum Mittagessen fertig stelle, gehe ich am Nachmittag schwimmen, wenn ich diese Vokabeln beherrsche, telefoniere ich der Freundin).

Belohnungen wirken sich positiv auf den Lernprozess aus - manche Leute ,,bestrafen“ sich aber selbst durch eine falsche Zeitplanung. Wenn wir uns ausgerechnet dann zum Lernen hinsetzen, wenn sich alle unsere Freunde zum Tanzen verabredet haben oder wenn eine uns brennend interessierende Sportreportage übertragen wird, blockieren wir unsere Lernmotivation.

Zu häufige Wiederholungen sowie zu lange dauernde Beschäftigung mit dem gleichen Stoff führt zu Übersättigung. Planen Sie deshalb häufigere und kürzere Lernperioden.

Hören Sie rechtzeitig auf! Wenn Sie Ihr Lernziel unerwartet schnell erreicht haben, freuen Sie sich über die gewonnene Freizeit. Am nächsten Tag werden Sie sich mit positiven Gefühlen wieder an die Arbeit setzen - wenn Sie bis zum ,,Überdruss“ gelernt haben, fällt dies schwer.

Die Abneigung gegen ein Fach ist häufig erlernt und die Folge einer Konditionierung: der Ärger über einen unsympathischen Lehrer oder über einen Misserfolg wird auf das Fach übertragen und die Abneigung auch dann noch aufrechterhalten, wenn der ursprüngliche Grund schon längst weggefallen ist. Überlegen Sie, ob bei Ihren Problemfächern solche Konditionierungen wirksam sind, und versuchen Sie sie, mit Hilfe von positiven ,,Verstärkern“ (so.) oder von Kollegen (s. u.) rückgängig zu machen.

 Die eigene Aktivität fördert den Lernerfolg. Jeder neigt dazu, sich mit Gebieten, die ihn nicht interessieren, nur gerade so viel zu beschäftigen, wie er es zum ,,Überleben“ in der Schule oder dem betreffenden Kurs braucht, weil er auf diese Weise auch keinen Einblick in die größeren Zusammenhänge haben kann, entwickelt sich ein Teufelskreis: das Fach ist langweilig - er lernt zu wenig darüber, versteht nicht alles und langweilt sich wieder in den Lektionen. Befreien kann man sich aus diesem Teufelskreis nur durch gezielte Aktivität: wir überlegen uns - vielleicht in Zusammenarbeit mit Freunden, einige Fragen, die wir in der nächsten Stunde dem Lehrer stellen wollen, oder bereiten uns darauf vor, einen Diskussionsbeitrag zu leisten.

Zusammenarbeit fördert die Motivation

Begeisterung kann anstecken. Suchen Sie einen Kollegen, der sich für Ihr Problemfach besonders interessiert. Fragen Sie ihn, wie er zu seiner Vorliebe gekommen Ist, worin für ihn das Besondere dieses Faches liegt, wie er dafür arbeitet, welche weiteren Quellen (Bücher, Zeitschriften, Fachleute) er kennt.

Der Zusammenschluss zu Lerngruppen wirkt sich aus verschiedenen Gründen positiv auf die Motivation aus. Das gemeinsame Lernen kommt dem Bedürfnis nach Kontakt entgegen, es werden für die Zusammenkünfte Lernziele festgesetzt und Erfolgserlebnisse vermittelt, wenn in den Diskussionen der gegenseitige Lernfortschritt festgestellt wird.

Der Lernstoff muss nicht trocken sein

Das Wissen hat keinen Selbstzweck. Suchen Sie praktische Anwendungen für alles, was Sie lernen, überlegen Sie sich die Zusammenhänge, den Aufbau, die Beziehungen und Querverbindungen zu anderen Fächern. Wenn man einsieht, wozu man etwas lernt, fällt es leichter.

In der Schule beschäftigt man sich zwar in der Regel mit einzelnen Fächern - für konkrete Probleme sind aber meist Kenntnisse aus verschiedenen Disziplinen erforderlich. Suchen Sie besonders nach Querverbindungen zwischen jenen Fächern, zu denen Sie keine Beziehung haben, und Ihren Lieblingsfächern.

Kein Fach muss langweilig sein, es gibt kein Wissensgebiet, das nicht von irgendeinem Wissenschaftler als faszinierend empfunden würde. Findet man ein Fach trocken, kann man sein Interesse durch das Studium seiner Geschichte und seiner Entwicklung wecken. In jeder Disziplin gab es Forscher, die ihr Leben neuen Erkenntnissen widmeten, die irrten und kämpften. Liest man über diese Männer und Frauen, sieht man hinter die Kulissen der Fachliteratur, wird das Wissen plötzlich lebendig. Historische Romane, Tagebücher aus früheren Jahrhunderten, alte  Zeitungsberichte  können uns die Geschichte aus der Perspektive des Einzelnen zeigen und dadurch näher bringen; Novellen aus anderen Ländern gewinnen uns für das Studium der Geographie.

Eine Fremdsprache zu lernen ist mühsam, wenn Vokabeln und Grammatik ,,gepaukt" werden müssen. Es kann aber Spaß machen, wenn die vielen Anwendungsmöglichkeiten, die es dafür gibt, gezielt eingesetzt werden. Einen Einstieg gewinnen wir beispielsweise mit Kinderbüchern - die Wortwahl und der Satzbau sind einfach, Illustrationen helfen uns weiter. Später können wir uns Zeitschriften und Illustrierte für Jugendliche oder über unser spezielles Interessengebiet in der Fremdsprache kaufen. Hören wir öfter Radio in der entsprechenden Sprache oder leihen uns eine Kassette mit Liedern oder einem Kindermärchen aus, gewöhnen wir uns auch an den Klang.

Besonders zu empfehlen ist natürlich der Kontakt mit Menschen aus dem Sprachgebiet, sei es über eine Brieffreundschaft, einen Sprachaufenthalt oder durch Einladung von fremdsprachigen Besuchern.

Auszug aus:
1) Naef, Regula D.: Rationeller Lernen lernen, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1983

Notizen:

 

 

 

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